Berta Berghoff

Stolperstein_BertaBerghoff

Wir erinnern an Berta Berghoff

Geboren:          15.8.1861 in Kempen
Gestorben:       17.8.1942 in Theresienstadt
Opfergruppe:   Jude
Verlegeort:       Engerstr.38
Verlegedatum: 15.12.2015
Patenschaft:     Gustaaf Gijsemans

Caroline Berghoff, Haushälterin zu Solingen, am 21. Dezember 1865 in Kempen geboren als Tochter des Handelsmanns Jakob Berghoff und seiner Frau Regina, geb. Bönninger, hatte das Haus Engerstraße 38 1904 erworben,[1] nach einer anderen Quelle aber bereits 1895.[2] Hier betrieb sie mit ihren älteren Schwestern Berta, geboren am 15.August 1861, und Johanna, geboren am 21. Oktober 1857, ein winziges Fleischerfachgeschäft.

Am Samstag, 1. April 1933, wurden auch in Kempen auf die Schaufensterscheiben der jüdischen Einzelhandelsgeschäfte von der NSDAP vorgefertigte Plakate geklebt mit Parolen wie: Deutsche, wehrt euch – kauft nicht bei Juden!. Auch das Schaufenster des Fleischerfachgeschäfts der Schwestern Berta und Caroline Berghoff, Engerstraße 38, wurde mit solchen Hetzparolen versehen.

Als Folge der Nürnberger Rassegesetze (verkündet am 15. September 1935) fand das kleine Geschäft keine Kunden mehr. Seit September 1936 wurden die Schwestern Berghoff aus Fürsorgemitteln unterstützt, wofür sie ihr Haus Engerstraße 38 mit einer Hypothek belasteten.[3]

Während des Novemberpogroms, am Vormittag des 10. November 1938, wurde auch das Haus der Schwestern Berghoff verwüstet.

Am 3. Dezember 1938 schrieb die Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens den Verkauf der jüdischen Immobilien vor. Das kleine Haus Engerstraße 38 fand keinen Käufer, weshalb es seit 1939 vom Kempener Finanzamt verwaltet wurde.

Johanna Berghoff verstarb am 27. Dezember 1938 in Kempen an Krebs.

Im Herbst 1941 erfolgt die Zusammenziehung der Juden in so genannten Judenhäusern. Aus St. Hubert wird Eva Lambertz, die bei ihrem Bruder Isidor Lambertz und dessen Frau Mathilde, Hindenburgstraße (heute: Hauptstraße) 41, wohnt, in das Haus der Schwestern Berghoff gebracht; am 9. Dezember 1941, dem Tag, an dem ihr Bruder und seine Frau ihre Wohnung zur Deportation nach Riga verlassen müssen. Aber meist hält sie sich trotzdem im vertrauten, wenn auch leer stehenden St. Huberter Haus auf.

Am 24. Juli 1942 wurden sämtliche noch in Kempen und St. Hubert verbliebene Juden (außer dem mit einer Arierin verheirateten Max Mendel aus St. Hubert), nach Theresienstadt deportiert. Unter den 16 Juden aus Kempen waren auch die Geschwister Berta (80) und Caroline (77) Berghoff, Engerstraße 38. Dass die Deportation in das Altersgetto Theresienstadt ging, war in Kempen allgemein bekannt. An der Engerstraße wurden die Schwestern Berghoff zu den anderen auf den Lkw kommandiert. Die begleitenden Polizisten befahlen den beiden alten Frauen, sich auf die Ladefläche zu setzen. Daraufhin brachte die Bauernfamilie Nopper, die von ihrem Hof gegenüber, wo bis vor kurzem der Discounter Kaiser’s untergebracht war, den Vorgang beobachtet hatte, den gebrechlichen Frauen zwei Stühle. Aber die Bewacher wehrten ab: „Runter damit! Die brauchen keine Stühle!“[4]

Als erste der Kempener Deportierten ist am 17. August 1942 Berta Berghoff tot, zwei Tage nach ihrem 81. Geburtstag.

Theresienstadt ist ein Durchgangslager in die Vernichtungs-KZs im Osten. Im Frühherbst 1942 setzen die großen Transporte in die Todeslager ein. Am 29. September wird mit anderen Kempenerinnen Caroline Berghoff nach Treblinka gebracht.[5] Dort sind sie alle umgekommen.

Als Folge der Deportation ging das Haus Engerstraße 38 am 26. November 1942 in das Eigentum des Deutschen Reiches über.[6]

[1] Kreis Viersen Katasteramt (KVK), Mutterrolle Stadt Kempen 296.

[2] Kreisarchiv Viersen (KAV), KK 18302.

[3] Kreisarchiv Viersen, KK 18302.

[4] Mitteilung von Mia Hubbertz (vermittelt durch Ferdinand Sturm), die mit dem Bauern Ferdi Nopper befreundet war und diesen Zwischenfall von ihm erfuhr, vom 29.9.2008.

[5] Theresienstädter Gedenkbuch, S. 427, 429, 433, 455.

[6] KAV KK 22093.